Stian Ådlandsvik, Lutz-Rainer Müller, Mark Pepper, Thomas Woll

Stein mit Vollausstattung / Stadt mit Vollausstattung

17. März – 21. April 2012

zur Edition und zum Katalog

Mit ihrer raumübegreifenden Installation im Kunstverein für vier Wochen und ihrer öffentlichen Skulptur in der Innenstadt eröffnen die Künstler den Dialog zu Dortmund.

Wie wird aus einem Innenraum Kunst im öffentlichen Raum? Diese Frage beantworten die Künstlerduos Müller/Ådlandsvik und Pepper/Woll in ihrer Ausstellung im Dortmunder Kunstverein. Die Verschränkung des halböffentlichen Kunstraums mit dem öffentlichen Raum der Stadt Dortmund geschieht durch die Öffnung des Ausstellungs- in den Außenraum. Der nun für jeden Vorbeigehenden betretbare Raum thematisiert die Schnittstellen zwischen öffentlichen und privaten Räumen. Die Reflexion über deren Möglichkeiten und Funktionen ist zentrales Element der Ausstellung und soll nicht nur durch die Künstler, sondern auch durch die Besuchenden vollzogen werden.
Es ist ein geschlossener, aber gleichzeitig geöffneter, öffentlicher Raum, der Merkmale eines privaten aufweist. Dieser an sich ist nicht nur Schutzraum - Wand und Dach - für den Besucher, sondern steht selbst unter Schutz, indem seine wichtigsten Funktionen vor Zerstörungen geschützt werden.

Als Folge wird der Raum dysfunktional: Heizung, Schalter, Lüftung sowie Steckdosen sind vor Destruktion oder Missbrauch gesichert und dadurch entfunktionalisiert. Lediglich eine im Raum platzierte Skulptur, ein auf einem Stein aufgebrachter - voll funktionstüchtiger - Parkscheinautomat, bietet die einzige Möglichkeit im Raum Befindliches aktiv zu nutzen. Ein Parkschein steht für den käuflichen Erwerb eines über eine begrenzte Zeit privaten Raumes und damit sinnbildlich für die Schnittstellen, die die Ausstellung thematisiert.

Der Ausstellungsraum wird darüber hinaus zu einem Freiraum für die Besucher; es ist kein Raum der ausschließt, sondern allen Zutritt gewährt, dabei allerdings nicht zu einem Nutzraum, da er all seiner Eigenschaften - außer als Schutzraum - beraubt ist. Der Raum wird selbst zum Objekt. All seiner ursprünglichen Funktionalität beraubt stellt er damit genau das Gegenteil dessen dar, was das Skulpturprojekt „Stein mit Vollausstattung” für den öffentlichen Raum werden soll: Das Projekt macht ein nicht nutzbares Objekt – einen Stein – funktional!
Die Künstler stellen einen Zwischenraum aus, der als Freiraum angenommen werden kann. Wie dieser schlussendlich von den Besuchern verstanden und genutzt wird, liegt allein in ihren Händen.

Der zweite Teil des Projektes ist die Umsetzung der Skulptur Stein mit Vollausstattung, die als ein partizipatorisches Projekt für den öffentlichen Raum in Dortmunds Innenstadt geplant ist. Es ist ein bislang einzigartiger Versuch im Zentrum eines großstädtischen Raumes Wind und Sonne zur Energiegewinnung zu nutzen und über 230-Volt Sicherheits-Steckdosen, freies WLAN sowie Schließfächer mit Aufladeoptionen für elektrische Geräte kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Text: Linda Schröer

 

PROGRAMM

Mittwoch, 14. März 2012, 18:00 Uhr 
WORK IN PROGRESS
für Förderer und Mitglieder des Dortmunder Kunstvereins. Die Künstler stehen während des Ausstellungsaufbaus für alle Fragen zur Verfügung.

Freitag, 16. März 2012, 19:00 Uhr
ERÖFFNUNG
Begrüßung: Sandra Dichtl, Künstlerische Leiterin
Einführung: Peter Grundmann

Sonntag, 15. April 2012, 14:00 Uhr
EXKURSION Mitglieder im öffentlichen Raum
Partizipatorische Führung zur Kunst im öffentlichen Raum in Dortmund

Mittwoch, 27. März 2012, 13:0014:30 Uhr
Kombi-FÜHRUNG
Stadt mit Vollausstattung und World in Passion

Mittwoch, 17. April 2012, 13.0013.30 Uhr
FÜHRUNG

Samstag, 17. März 2012, 18:45 21:30 Uhr
DISKUSSION
Stadt mit Vollausstattung? Zur Kunst im öffentlichen Raum
Welchen Stellenwert hat „die öffentlichste aller Künste“ heute? Welchen Zweck kann bzw. hat sie zu erfüllen? Wie haben sich die Formen der Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Raum, seinen Bewohnern sowie deren Rezeption bis heute gewandelt? Prof. Dr. Brockhaus, Mitglied des Kuratoriums der Initiative Stadt- BauKultur des Landes Nordrhein-Westfalen eröffnet die Reihe von Vorträgen durch einen einleitenden Vortrag zum Thema. Uwe Lewitzky thematisiert in seiner Publikation „Kunst für Alle?“ den Fragehorizont für die Problematik der Instrumentalisierung von Kunst durch die Stadt und wird im Kunstverein vor allem die Gegenwart in den Blick nehmen. Inwiefern ist Kunst erwünschter, aber auch unerwünschter Stadt- und Standortfaktor? Wie wird dabei selbst das Unerwünschte nutz- und lenkbar? Im anschließenden Podiumsgespräch stehen sowohl die Redner, als auch die Künstler und Bastian Pütter, Mitarbeiter des Straßenmagazins bodo, für eine kritische Diskussion zur Verfügung.

Samstag, 24. März 2012, 15:00 – 19:00 Uhr
DISKUSSION
Vom Standardmodell zur Vollausstattung – Strategien von Kunst im öffentlichen Raum
Beteiligte an unterschiedlichen Projekten treffen im öffentlichen Raum aufeinander: Sabine Maria Schmidt veranlasste im Kulturhauptstadtjahr mit ihrem Projekt „Hacking the City“ eine Vielzahl von künstlerischen Interventionen, die das Bild des urbanen Raums 2010 entscheidend prägten. Fabian Saavedra-Lara thematisierte als Kurator der Ausstellung „been out, [vol.1]“ die Wiederaneignung von öffentlichen, urbanen Räumen in wirtschaftlichen Krisenzeiten durch künstlerische Strategien. Alexander Kerlin, Dramaturg des Schauspiel-hauses Dortmund, inszenierte in den vergangenen Monaten Aktionen im Umkreis des neuen Dortmunder Einkaufszentrums „Thier-Galerie“, dessen juristischer Status als öffentlicher Ort ungeklärt zu sein scheint.
Besondere Vortragsbedingungen schafft dabei das „Labor für sensorische Annehmlichkeiten e.V.“ (Labsa) aus Dortmund. Dieses junge Künstlerkollektiv um Emilia Hagelganz und Thomas Enbergs nutzt den städtischen Raum für Aktionen – angetrieben von der Idee, ihre Umgebung mitgestalten zu wollen. Dabei realisieren sie gemeinsam mit lokalen und internationalen Künstlern und Aktivisten partizipative Projekte im öffentlichen Raum.

Samstag, 21. April 2012, 18:45 – 22:00 Uhr
DISKUSSION
Vom Prestigeobjekt zum Werkstattfall – Schicksal von Kunst im öffentlichen Raum
Von 450 Kunstwerken im öffentlichen Raum in Dortmund besteht bei ca. der Hälfte deutlicher Sanierungsbedarf. Nicht nur die vergangenen Jahrzehnte, die Witterung und leere Haushalts-kassen der Städte sind zur Bedrohung der Kunst geworden, sondern ebenso der Angriff von Bürgerseite. Vandalismus wird zum deutlich sichtbaren Zeichen auf und gegen die Kunst. Diplom-Psychologe Prof. Dr. Rudolf Fisch stellt aus Sicht des Psychologen Motive und Präventionsmöglichkeiten vor, die einen völlig neuen Blick auf das Phänomen ermöglichen. Welche Werke in Dortmund gefährdet sind, schildert Dr. Rosemarie E. Pahlke, Hauptverantwortliche für Kunst im öffentlichen Raum. Dass aber auch das Vergessen zu einer ernstzunehmenden Gefahr für die Kunst wird und das Sprechen über Kunst zu einer Reanimierung derselben führen kann, soll das Projekt „Mitglieder im öffentlichen Raum“ zeigen.

 

Mit freundlicher Unterstützung von:

   Stiftung Kunstfonds

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