KÜNSTLERGESPRÄCH
mit MARCEL HILLER
MITTWOCH, 31. MAI 2017, 19:00 UHR
KÜNSTLERGESPRÄCH
mit Marcel Hiller
Sowohl durch unsere digitale Gesellschaft als auch durch Bauspekulationen, wird der Wohnraum als Ort der Sicherheit, Intimität und Beständigkeit in Frage gestellt. In den sozialen Medien verlagern YouTuber ihren privaten Raum in eine mehr oder weniger natürliche Bühne für ihre täglichen Video Posts. Und Dank überall online verfügbarer Fotos, hat jeder Einblick in eine im Grunde intime Welt.
Die Ausstellung Hunger nimmt diese Entwicklungen zum Anlass und konzentriert sich insbesondere auf das Thema des Zerfalls des Interieurs und der Intimität. Als wesentliches körperliches Bedürfnis steht der Begriff Hunger hier als Sinnbild für Mangel und Begehren: Gehäutete Möbelstücke von Mélanie Matranga (*1985 in Marseille, lebt in Paris), besetzte Stühle von Tobias Spichtig (*1982 in Sempach, lebt in Berlin und Zürich), Marcel Hillers in gitterähnliche Regale gepresste Plastikflaschen (*1982 in Potsdam, lebt in Köln) oder Raumteiler von Clémence de la Tour du Pin (*1986 in Frankreich, lebt in Berlin).
Mal mehr mal weniger abstrakt, spielen diese fetischartige Arbeiten auf die Ausstattung eines Innenraums an. Ursprünglich bezeichnet Fetischismus die Verehrung von Kultgegenständen. Er wird in Hunger jedoch als Anziehungskraft und Zwangsvorstellung der Projektion von Emotionen auf Oberflächen und Materialien verstanden. Darüber hinaus ist er Ausdruck von Frustration, Ausgrenzung und Verlust. Die Kreation digitaler Parallelwelten des Privatlebens auf Facebook oder anderen sozialen Medien, führt zu einer Gesellschaft, in der das Intime Bestandteil des Öffentlichen wird. In diesem Prozess der Vereinheitlichung wird der Fetischismus zum Widerstand und politischen Vehikel, zu einem Differenzierungsmanöver. In Hunger formuliert sich das Politische in den Oberflächen und den Gegenständen, die über ihren Mangel, ihre Risse bzw. über die auslösende Verwirrung sprechen.
Die Ausstellung wird gefördert von: